Die Sächsische Wissenschaftsministerin war eine der ersten Teilnehmerinnen, die bei der 8. Aktion Perspektivwechsel in eine ungewohnte Rolle schlüpfte. Die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen bietet wieder für eine Woche zahlreichen Interessenten die Möglichkeit, sich in sozialen Berufszweigen auszuprobieren.

„Ich bin Sandra“, sagt die DRK-Betreuerin und zeigt auf sich. Die kleine Klasse wiederholt: „Sandra“. „Und das ist Frau Stange“, sagt die Betreuerin und zeigt auf die Ministerin. Doch der Name ist für die Kinder nicht so einfach nachzusprechen. „Eva!“, sagt die Ministerin und lacht. Eva geht den Fünf- bis Zehnjährigen viel leichter von den Lippen. Die dreizehn Flüchtlingskinder lächeln die fremde Frau an.

Es ist Montagvormittag, der 21.08.2016, und Eva-Maria Stange erlebt ihren diesjährigen ganz persönlichen Perspektivwechsel in der DRK-Erstaufnahmeeinrichtung Bremer Straße in Dresden. Die Ministerin nimmt für eine Stunde die Rolle einer Lehrerin in einem ABC-Kurs der EAE ein. Als erstes nimmt sie mit den Kindern die Buchstaben des Alphabets durch. Jusuf aus Marokko, der Älteste unter den Kindern, ist nicht nur der Schnellste beim Melden, sondern er kann die Buchstaben auch schon in Windeseile aufsagen. Andere Kinder versuchen es ihm gleichzutun.

Die Kinder haben vor sich zwei Arbeitsblätter und einen Bleistift liegen. Auf dem einen sind den Buchstaben Wörter zugeordnet. „S wie Sonne“, sagt Frau Stange. „Sooonne“, schallt es durch den Raum. Auch hier ist Jusuf wieder der Schnellste, die Ministerin hält ihn etwas zurück und fragt die Kinder abwechselnd nach den richtigen Antworten. Einige trauen sich auch nach vorn an die Tafel, um auf die richtigen Buchstaben zu zeigen. „Und wer kennt das Ä?“, fragt die Interimslehrerin. „Mit den Umlauten haben die Kinder besonders Probleme“, erklärt Betreuerin Sandra. In der Zwischenzeit hat sich etwas Unruhe breitgemacht. „Dann ist jetzt Zeit für eine Pause“, sagt Eva-Maria Stange. Sie lässt die Kinder aufstehen und kräftig die Arme und Beine ausschütteln. Es folgen einige wilde Hampelmänner. Die Kinder haben gehörigen Spaß und sind nun bereit für den zweiten Teil des Unterrichts: die Körperworte.

Das zweite Blatt auf den Bänken vor den Kindern ist eine Skizze des Menschen. Einzelne Körperbereiche sind mit Linien markiert. An der Tafel hängt zudem ein großes Bild des menschlichen Körpers. Die Ministerin zeigt erst auf die entsprechende Stele und dann auf die Stelle an ihrem Körper. Die Kinder sprechen nach und greifen an die eigenen Körperstellen: der Kopf, das Auge, der Arm, die Hand, die Hände, ein Finger, alle Finger. Jusuf darf vor an die Tafel und dekliniert seine Körperteile mit lauter fester Stimme durch. Kein Problem für den Jungen mit dem wachen Blick und dem auffordernden Lachen. Einige Mädchen sind zurückhaltender, aber nicht minder aufmerksam.

Und dann ist die Unterrichtsstunde auch schon vorbei. Frau Stange scheint fast ein wenig enttäuscht darüber. Doch etwas Zeit hat Sie noch mitgebracht. Die Spielzeugausgabe hat geöffnet und Kinder können jetzt zwischen den Leichtbauhallen frei spielen. Die Ministerin malt mit Kreide auf den Asphalt und leitet Gemeinschaftsspiele an. Bei einem abschließenden Rundgang kann sich Eva-Maria Stange dann noch überzeugen, welche Wandlung das ehemalige Zeltcamp erlebt hat. Sie besichtigt eine durchdachte und räumlich großzügig geplante Erstaufnahmeeinrichtung, diese hat genügend Platz – vor allem für die Kinder.

Die Ministerin verabschiedet sich mit großem Dank an das DRK für die Möglichkeit dieses besonderen Perspektivwechsels, an diesem besonderen Ort. Nächstes Jahr, da ist sie sicher, möchte sie erneut eintauchen, in einen der vielfältigen Bereiche des Wohlfahrtswesens.