In Ballungszentren wird der Wohnraum beständig knapper. Trägern mit Jugendwohnprojekten fällt es immer schwerer, passende Immobilien zu finden. Häufig hört man von Kündigungen bestehender Mietverträge. Der Jugendhaus Leipzig e.V. kann dem Trend derzeit entgegenwirken. Weil der Verein schon seit Jahren auf eine Kooperation mit dem städtischen Wohnungsbauunternehmen setzt.

Die Straßenbahn rattert die Bornaische Straße im Stadtteil Connewitz entlang. Sanierte und teilsanierte Häuser reihen sich aneinander. Dichter Baumbestand säumt den Fußweg vor den Hausnummern 96 und 98, in denen das Projekt Leipziger JugendWohnen des Jugendhaus Leipzig e.V. sein Domizil hat. „Wir wollen junge Menschen, die auf dem regulären Wohnungsmarkt nahezu chancenlos sind, schon einmal wohnungslos waren oder aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr zu Hause wohnen können, zum Führen eines eigenen Mietbereiches befähigen“, erklärt Projektleiter Guntram Fischer. Das Anliegen erscheint nicht ungewöhnlich. Doch dass ein Träger dafür zwei komplette Aufgänge mit insgesamt 19 Wohnungen vorhalten kann, lässt aufhorchen. Zumal der Wohnungsmarkt in der Messestadt als einer der schwierigsten in Sachsen gilt.

Gemeinsam mit Wohnungsunternehmen erfolgreich

Diese Möglichkeit verdankt der Verein einer langjährigen Kooperation mit der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB), die das Objekt derzeit an den Verein vermietet. Der gemeinsame Weg begann schon 2001. Damals allerdings noch unter ganz anderen Vorzeichen. In der Stadt herrschte Leerstand. Für die LWB war die Zusammenarbeit eine gute Option, ungenutzten Wohnraum sinnvoll zu beleben. Die Soziale Arbeit des Trägers konnte überdies dazu beitragen, einen Bezug durch künftige Mietschuldner*innen zu vermeiden. Dabei schien das Unternehmen soziale Aspekte durchaus mitzudenken, ist Guntram Fischer überzeugt: „Der Dialog mit der LWB findet auf Augenhöhe statt. Als städtische Unternehmung spielt die soziale Komponente bei ihr ebenfalls eine Rolle. Selbstverständlich hat die LWB aber auch ganz handfeste wirtschaftliche Anliegen, denen man als sozialer Träger in der Kooperation auch zum Nutzen des eigenen Projektes gut nachkommen kann. Ich denke deshalb, dass ähnliche Ansätze auch mit privaten Wohnungsunternehmen gelingen können. Es ist eine Win-Win-Situation.“

Vorteile für Unternehmen und soziale Träger

Ein entscheidender Gewinn für den Träger ist der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum. Nur so lassen sich die Jugendlichen gut begleiten. Hinzu kommen der planbare finanzielle Rahmen und die Möglichkeit, die Wohneinheiten dem Bedarf anzupassen. Aktuell wohnen 18 Jugendliche in 16 Wohnungen. Ab September 2019 gibt es zudem drei Wohnungen für junge Familien mit Hilfebedarf.

Mieter des Objekts in Connewitz ist der Verein, der die Wohnungen wiederum an die Jugendlichen vermietet. Gibt es tatsächlich unüberwindbare Probleme mit einzelnen Bewohner*innen, ist es der Verein, der eine Kündigung aussprechen und durchsetzen muss. „Kommt es zu einer solchen Situation, müssen die Rollen im Verein klar sein“, betont der Projektleiter. „Wir können nicht als kündigender Vermieter auftreten, um im selben Gespräch dann wiederum als unterstützender Sozialarbeiter mit dem Jugendlichen über sein weiteres Leben zu reden. Der Verein - und diesem Fall konkret der Geschäftsführer - übernimmt hier die Vermieterrolle. Das muss klar getrennt und für die Jugendlichen nachvollziehbar sein.“

Der Mietvertrag mit der LWB ist derzeit auf zehn Jahre angelegt. Für den Vermieter ist das attraktiv, da er mit nur einem Mieter umgehen muss und hausinterne Angelegenheiten über den Verein geklärt werden. Das lange Mietverhältnis macht das gemeinsame Agieren für die LWB zusätzlich interessant.

Mehr als nur Wohnen ermöglichen

Einen bemerkenswerten Schritt gingen die Kooperationspartner auch bei der 2017 begonnenen Sanierung der beiden Hausaufgänge in der Bornaischen Straße. Die zukünftigen Bewohner*innen wurden dabei aktiv einbezogen. Sie halfen beim Entrümpeln der Wohnungen, trugen alte Öfen ab und entfernten Tapeten von den Wänden. Diese Mitarbeit stärkte die Wertschätzung der Jugendlichen für die eigene Wohnung. Auf der anderen Seite wirkten junge Menschen des Berufsbildungswerkes Leipzig und Lehrlinge der LWB mit. Insbesondere für Letztere ergab sich so die tolle Gelegenheit, unter der Anleitung von Ausbilder*innen ihr theoretisches Wissen in der Praxis anzuwenden und die Entwicklung eines Bauvorhabens hautnah mitzuerleben. Für den Vermieter ein äußerst positiver Effekt hinsichtlich der Fachlichkeit des eigenen Nachwuchses. Zudem erhielten die Azubis einen kleinen Einblick in die verschiedenen Lebenslagen der Mieter*innen des Unternehmens. Nicht zu vernachlässigen ist zudem die dadurch erreichte Kostenersparnis während der gesamten Sanierung. Das ist für die LWB wirtschaftlich erfreulich und wirkt sich außerdem positiv auf die Mietkosten insgesamt aus.

Ein Partner wie die LWB verfügt über Immobilien im gesamten Stadtgebiet. Selbst bei einer sehr guten Zusammenarbeit wird ein Immobilienunternehmen nicht die Filetstücke des eigenen Bestandes an soziale Einrichtungen für Wohnprojekte mit Jugendlichen weiterreichen. Das wäre auch nicht unbedingt dienlich, denn ein Projekt wie das Leipziger JugendWohnen braucht ein passendes Umfeld. Guntram Fischer meint dazu: „Eine Stadtrandlage, ein gehobenes Wohnviertel oder irgendwo die grüne Wiese wären für unser Projekt eher ungeeignet. Connewitz bietet einen guten Rahmen. Der Stadtteil ist offen für neue Ideen und sozial gut durchmischt. Die Wege zum öffentlichen Personennahverkehr sind kurz. Hier passt das JugendWohnen hin und die jetzige Immobilie der LWB bietet uns prima Bedingungen.“

Nicht erst seit dem Besuch von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey im August 2018 genießen der Träger und sein Wohnprojekt einen guten Ruf. Die langjährige engagierte Arbeit der Sozialarbeiter*innen sowie das erfolgreiche Zusammenwirken des Jugendhaus Leipzig e.V. und der LWB haben einen gewichtigen Anteil daran. Gewinner sind alle Beteiligten. Insbesondere jedoch die Jugendlichen, die in der Bornaischen Straße 96 und 98 endlich die Chance auf ihre eigenen vier Wände haben.


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