Ab November gibt es ein neues Prüfsystem in der stationären Altenhilfe. Die Einrichtungen stehen damit auch vor neuen Herausforderungen. Das System bietet aber vor allem Chancen, wie ein Fachtag in Dresden zeigte.

Die Pflegewissenschaftlerin Kathrin Engel erläutert das neue System.

Irreführend, intransparent, nicht praktikabel. Seit seiner Einführung 2009 war der sogenannte Pflege-TÜV ständiger Kritik ausgesetzt. Die einen forderten die gänzliche Abschaffung, andere wiederum, das System der Pflegenoten zu überarbeiten.

Ab November soll nun damit Schluss sein. Bundesweit wird ein neues System der Qualitätsmessungen in der stationären Altenpflege eingeführt. Die Qualitätsprüfungen in ihrer jetzigen Form mit der Veröffentlichung der Pflegenoten werden durch ein neues System ersetzt. Auf einem Fachtag am 11. April in Dresden informierten die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen über die anstehenden Veränderungen. Etwa 200 Verantwortliche aus der Altenhilfe waren gekommen.

Einrichtungen erheben Daten selbst

Neu am System ist, dass die Pflegeeinrichtungen die Datenbasis für die Qualitätsprüfungen selbst legen, erklärt die Dresdner Pflegewissenschaftlerin Kathrin Engel. So sollen zweimal im Jahr zehn Indikatoren bei allen Bewohnern - sogenannte Versorgungsergebnisse - zum Beispiel aus den Bereichen Erhalt und Förderung von Selbstständigkeit, Schutz vor gesundheitlichen Schädigungen und Unterstützung bei spezifischen Bedarfslagen erhoben und dokumentiert werden.

Diese werden extern auf ihre Plausibilität geprüft. Anschließend führt der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) eine Stichprobenprüfung durch. Sie soll jeweils einen Tag vor der Prüfung angekündigt werden. Einrichtungen, die eine gute Ergebnisqualität nachweisen können, werden nur alle zwei Jahre geprüft. Besonderer Wert wird bei den Prüfungen auf das Fachgespräch gelegt. Dadurch sollen Fehlerquellen deutlicher hervortreten und von den Einrichtungen gezielt korrigiert werden können. "Sie sehen selbst sehr viel klarer, wo Ihre Baustellen sind", ist Kathrin Engel überzeugt.

Das System setzt auf Verantwortung der Mitarbeitenden

Vertreter aus der Praxis sind hingegen noch nicht ganz überzeugt. "Wir reden vom Pflegenotstand und von Fachkräftesicherung. Wie sollen wir bei permanentem Personalmangel ein solches System umsetzen?", fragt jemand. Kathrin Engel räumt den zusätzlichen Aufwand ein, warnt aber zugleich vor "übertriebenen Aktionismus". Die Datenerhebungen müssen zwar gemanagt werden, bedeuteten aber letztlich eine Stärkung der Einrichtungen, die auf eine höhere Qualität in der Pflege abziele und die die Verantwortung der Mitarbeitenden fördere.

Ähnlich sieht das Raffael Käsch von den Maltesern, dessen Verband in Nordrhein-Westfalen das neue System schon erprobt hat. "Es funktioniert, und es ist eine Darstellung von Qualität, die vorher nicht möglich war." Käsch rät den Einrichtungen, sich aber gut auf die Umstellung vorzubereiten. So sollten zum Beispiel klare personelle Zuständigkeiten geschaffen und die Mitarbeiter intensiv geschult werden. "Dazu gehören auch Schulungen für den fachlichen Dialog." Zudem sollten die Verantwortlichen auf eine gute technische Ausstattung der Einrichtung achten.

Andreas Schuppert