Anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte bekräftigt die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen ihr Bekenntnis zu einer menschenrechtsorientierten Sozial- und Bildungsarbeit.

Ein Aufkleber mit der Aufschrift "Kein Mensch ist illegal" klebt an einem Brückengeländer.

„Die Menschenrechte bilden das Fundament unserer täglichen Arbeit. Sie sind nicht verhandelbar“, sagt Michael Richter, amtierender Liga-Vorsitzender und Landesgeschäftsführer des Paritätischen Sachsen. „Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist eine der größten Errungenschaften der Menschheit. Sie formuliert den Kanon unserer Werte und ist damit Leitmotiv unseres Handelns. Wir sind jeden Tag aufs Neue gefordert, sie mit Leben zu füllen.“

Doch selbst 72 Jahre nach der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) bleibt noch viel zu tun. Um dies zu erkennen, muss der Blick nicht in die Ferne schweifen. An mehreren Stellen sehen die Wohlfahrtsverbände auch in Sachsen Handlungsbedarf.

So erachten die Verbände beispielsweise das in Artikel 2 der AEMR verankerte Diskriminierungsverbot als noch nicht vollständig umgesetzt und führen unter anderem den Wohnungsmarkt an. „Immer wieder kommen Menschen in unsere Beratungsstellen, die aufgrund ihres ausländisch klingenden Namens von Vermieter*innen abgelehnt werden, obwohl sie alle Voraussetzungen für eine Anmietung erfüllen. Auch einkommensschwache Personen haben es durch ihren Status schwer, adäquaten Wohnraum zu finden. Sie werden faktisch benachteiligt“, berichtet Michael Richter. Der Liga-Vorsitzende verweist zudem auf die zunehmende Verrohung des öffentlichen Diskurses, in dem gruppenbezogene Vorurteile als Argumente wieder salonfähig würden.

Eine weitere Baustelle ist das in Artikel 23 benannte Recht auf Arbeit und gleichen Lohn. Diesbezüglich verweisen die Wohlfahrtsverbände unter anderem auf die nach wie vor bestehenden Hürden für Menschen mit Behinderung, wenn sie auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen wollen. Michael Richter dazu: „Schon allein die Zugänge zur Regelausbildung sind schwierig und notwendige Assistenzleistungen müssen von den Betroffenen oft aufwändig erstritten werden.“ Bei der Frage gleichen Lohns sei der sogenannte Gender Pay Gap in Deutschland unübersehbar, da Männer und Frauen in vergleichbaren Berufen noch immer unterschiedlich bezahlt würden.

Große Lücken sehen die Verbände zudem im Bereich der medizinischen Versorgung, die laut Artikel 25 einem jeden Menschen zugänglich sein soll. „Bestimmten Personengruppen bleibt dies jedoch verwehrt oder medizinische Versorgung ist für sie nur mit hohem persönlichen Aufwand erreichbar. So ist der Besuch beim Arzt für wohnungslose Menschen, Zugewanderte, Asylsuchende oder auch Personen ohne Krankenversicherung nur eingeschränkt möglich“, verdeutlicht der Liga-Vorsitzende. Für einige der Betroffenen hätte der Arztbesuch sogar weitreichende Folgen. So drohe Geflüchteten mit unklarem Aufenthaltsstatus unter Umständen die Abschiebung und versicherungslosen Personen mit geringem Einkommen die Überschuldung.

Selbstkritisch merkt Michael Richter an: „Wir verstehen Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession. Deshalb gilt es, auch in unseren Strukturen mit sachsenweit mehr als 100.000 Beschäftigten weiter Hürden abzubauen und Teilhabe zu verbessern. Das sehen wir als unseren Auftrag. Denn an jenen Anforderungen, die wir an die Gesellschaft und Politik stellen, müssen wir uns ebenso messen lassen. Wir arbeiten jeden Tag daran.“

Einen Überblick zur Menschenrechtssituation in Deutschland bietet der aktuelle Bericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Den Bericht lesen Sie auf: www.institut-fuer-menschenrechte.de