Endlich: Berufliche Bildung für Menschen mit Behinderung ist anerkannt und zertifizierbar. Die Feier musste coronabedingt ausfallen, aber der Erfolg ist natürlich geblieben: Durch das Projekt „Wir starten Berufe! Anerkannt – Standardisiert – PRAXISBAUSTEIN“ hat die berufliche Bildung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung in Sachsen eine neue Qualität erreicht und ihren Anspruch auf anerkannte und zertifizierte Bildung eingelöst. Viele Menschen mit Behinderung konnten so von den sächsischen Handwerkskammern und IHKen zertifizierte Bildungsabschlüsse erzielen.

Zwei Menschen sitzen an einem Schreibtisch und unterhalten sich.

„Damit wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Werkstätten für Menschen mit Behinderung ein wichtiges Ziel erreicht: Berufliche Bildung im Berufsbildungsbereich der Werkstätten nach „Praxisbaustein“ erfolgt auf der Grundlage von anerkannten Ausbildungsordnungen der entsprechenden Ausbildungsberufe und ist zertifizierbar!  Darüber darf man sich auch in dieser Zeit der Krise freuen, in der viele Werkstätten nicht oder nur im Notbetrieb arbeiten“,  ordnet Dietrich Bauer, Chef der Diakonie Sachsen, die Relevanz des Erreichten für Menschen mit Behinderung ein. „Denn die Zertifikate sind nicht nur für die Werkstattbeschäftigten, die sie sich erarbeitet haben, eine große Anerkennung. Sie sind auch für Unternehmen auf dem ersten Arbeitsmarkt wertvoll. Denn für diese sind sie wichtige Hinweise darauf, was der Mensch mit Behinderungen gelernt hat, nachweisbar kann und damit auch bei ihnen im Betrieb sicher übernehmen könnte!“

Das deutschlandweite bisher einmalige Projekt geht auf eine Idee der Diakonie Sachsen zurück. Projektträger ist die Liga der Freien Wohlfahrtspflege Sachsen, die mit der Landesarbeitsgemeinschaft für Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Sachsen (LAG WfbM Sachsen) kooperativ zusammenarbeitet und von weiteren wichtigen Akteuren, wie die Bundesagentur für Arbeit, unterstützt wird.

Für die 79 Praxisbausteine in 11 Praxisfeldern wie Küche und Service, Reinigung, Wäscherei, Holzbearbeitung, Verpackung, Lager Logistik, Montage, Bürodienstleistungen usw. wurden in einem ersten Schritt (2014 bis 2016) die theoretischen Inhalte gemeinsam mit vielen Akteuren erarbeitet, standardisiert und zertifiziert. Im weiterfolgenden Implementierungsprozess (2017 bis 2020) wurden die Praxisbausteine - in enger Zusammenarbeit mit den Kammern und dem Fachpersonal für die berufliche Bildung in den Werkstätten - für die Anwendung in der Praxis angepasst, ergänzt und die Praxisfelder weiterentwickelt.

Das Interesse der Beschäftigten an den Zertifikaten nach Praxisbaustein ist groß. Auch über die Hälfte aller sächsischen Werkstätten kann mittlerweile die berufliche Bildung nach Praxisbaustein anbieten.
Daher soll es auch weitergehen. Mit einem Folgeprojekt, das den sperrigen Titel trägt: „Projekt zum Aufbau und zur Etablierung einer nachhaltigen Struktur für die Koordinierung standardisierter beruflicher Bildung und Qualifizierung für Menschen mit Behinderung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Freistaat Sachsen“. Michaela Bartel, zuständige Koordinatorin, erklärt, worum es dabei geht und warum das wichtig ist: „Schulische und berufliche Bildung ist in Deutschland an zentrale Stellen angebunden. Um die Qualität der beruflichen Bildung für Menschen mit Behinderungen zu bewahren, Inhalte anzupassen, weiterzuentwickeln und zukunftsfähig(er) auszugestalten braucht es diese Anbindung auch. Für die berufliche Bildung in Werkstätten ist das Fachkonzept der Bundesagentur für Arbeit maßgeblich. Für die Umsetzung der Inhalte von PRAXISBAUSTEIN benötigt man langfristig also auch eine weiterführende Struktur. Diese muss dafür sorgen, dass die entwickelten standarisierten Inhalte sicher beibehalten und einheitlich umgesetzt werden. Und wenn nötig, bspw. bei Änderungen der Ausbildungsrahmenpläne durch das Bundesinstitut für berufliche Bildung (BiBB), dann entsprechend angepasst werden. Das neue Projekt hat daher das Ziel zu schauen, wie diese nachhaltige und geeignete Anbindung für die berufliche Bildung und Qualifizierung nach PRAXISBAUSTEIN aussehen muss und welches Format dafür geeignet ist!

Auch dieses Liga - Projekt wird zu 90% vom Freistaat Sachsen gefördert. Die Laufzeit ist für ein Jahr festgelegt und endet am 31. März 2021.  Ab dann soll es eine „koordinierende Stelle“ geben, die sich selbst trägt.

Kontakt:
Michaela Bartel
Tel.: 0351/8315-158